Mit 14 Jahren habe ich mich dann intensiv mit dem Thema Auslandsjahr befasst und mich schließlich für GIVE entschieden, da mir insbesondere das Angebot ‚Choice Plus‘ sehr gut gefiel. Ich habe mich für ein halbes Jahr in Miami, Florida entschieden und meine Bewerbung habe ich dann bereits im September abgeschickt. Danach folgten viele Unterlagen, die ich alle eifrig ausgefüllt habe und schließlich angenommen wurde. Wenige Tage vor Weihnachten erhielt ich einen Brief von GIVE, dass sie eine Gastfamilie für mich gefunden hätten. Ich war super aufgeregt und plötzlich stand meinem Auslandsaufenthalt nichts mehr im Weg. Danach folgte auch nur noch das Vorbereitungsseminar, auf dem ich viel gelernt habe und andere nette Austauschschüler kennengelernt habe.
Im darauffolgenden August war es dann endlich soweit und ich habe voller Vorfreude meinen Koffer gepackt. Meine Freunde haben eine Überraschungs-Abschieds-Party für mich organisiert und wir haben noch einmal ein paar tolle Stunden miteinander verbracht. Am Tag vor dem Abflug konnte ich vor Aufregung kaum schlafen und ich wusste, dass es meinen Eltern nicht anders ging. Immerhin würde ihre inzwischen 15-Jährige Tochter in wenigen Stunden für ein halbes Jahr auf einem anderen Kontinent, zu einer fremden Familie ziehen.
Morgens bin ich ganz früh aufgewacht, um bloß meinen Flieger nicht zu verpassen. Als ich dann am Flughafen stand und mich verabschiedet habe, flossen doch einige Tränen. Nach der Sicherheitskontrolle war aber aller Abschiedsschmerz verflogen und ich war stolz auf mich, diesen Schritt zu machen.
Einige Stunden später bin ich am Miami International Airport gelandet und habe dort zunächst einige Zeit in der Warteschlange bei ‚immigration‘ verbracht. Als ich dann meine Koffer endlich hatte war die Aufregung wieder ziemlich groß. Würde ich meine Gastfamilie erkennen? Wie sieht mein neues Zuhause aus? Sind die Menschen hier nett? Alles hat dann gut geklappt und meine Gastfamilie, bestehend aus Gastmutter Cecilia (Peruanerin), Gastvater Alex (Kubaner), Gastschwester Ariana (15, Multikulturell) und Hund Baby, haben mich am Flughafen in Empfang genommen. Nach einer halben Stunde waren wir dann in meinem neuen Zuhause, einem gemütlichen, typisch amerikanischem Haus, in einem ruhigen Viertel Miamis. Meine Gastfamilie habe ich bereits in den nächsten Tagen kennen und lieben gelernt.
Kurz darauf stand auch schon mein erster Tag an der High School an. Ich hatte vorher meine Schuluniform gekauft und zog diese nun zum ersten Mal an, als ich um 5:45 Uhr aufgestanden bin. Mein Gastvater hat mich jeden Morgen zur Schule gefahren, wo ich auch gefrühstückt habe. Dort habe ich dann meinen ‚homeroom‘ erfahren und meinen Stundenplan bekommen, der nur aus 6 Fächern bestand, die sich jeden zweiten Tag wiederholten. Die Leute dort waren sehr nett und offen und auch die Lehrerin hat sich gut um mich gekümmert.
Als leidenschaftliche Schwimmerin bin ich natürlich als ‚extracurricular‘ dem Schwimmteam beigetreten. Das Team hat es mir leicht gemacht, mich dort zu integrieren und ich konnte sogar mit ihnen an Wettkämpfen teilnehmen. Das war eine tolle Erfahrung und ganz besonders hat mich der Teamgeist im High-School-Sport beeindruckt. Obwohl Schwimmen eher ein Einzelsport ist, hat jeder jeden angefeuert und wir haben gemeinsam gejubelt. Das Schwimmteam war so etwas wie eine kleine Familie, wo jeder für jeden da war.
Leider gab es schon bald eine Hurricane Warnung in der Gegend und wir mussten uns vorbereiten: Alles Lose von außen rein holen, genug Kerzen und Taschenlampen kaufen, und ganz wichtig: genug Wasser kaufen! Sogar die Koffer wurden gepackt, für den Fall, dass wir kurzfristig evakuiert würden, was zum Glück nicht passiert ist. Aber dann hieß es: keine Schule mehr, sondern drinnen bleiben bis Entwarnung gegeben wurde. Tatsächlich ist durch den Hurricane der Strom ausgefallen, und auch das Telefon- und Mobilfunknetz war gestört. Dies blieb dann sogar für 10 Tage so. Meine Eltern haben sich natürlich große Sorgen gemacht, weil sie mich nicht erreichen konnten, so war es gut, dass GIVE regelmäßig mit ihnen im Kontakt war.
Irgendwann war der Hurricane dann aber auch vorbei und das normale Leben konnte nach den Aufräumarbeiten weiter gehen. Schon ging es auf Halloween zu, was ich natürlich typisch amerikanisch mit meinen Freunden beim ‚trick-or-treating‘ verbracht habe.
Schon war es November und Thanksgiving stand vor der Tür, was wir mit der ganzen Familie gefeiert und dabei Truthahn verspeist haben. Kurz darauf nahm mich meine Gastfamilie mit auf einen ganz besonderen Wochenendtrip. Es ging nach Lima, die Hauptstadt Perus, weil dort jemand aus der Familie geheiratet hat. Das war natürlich ein Riesen-Highlight, weil ich mir niemals erträumt hätte, während meines High School-Halbjahres den Staat Florida, geschweige denn das Land zu verlassen. Außerdem bin ich im November noch mit anderen Austauschschülern und meiner Area Rep für ein Wochenende nach Orlando in die Universal Studios gefahren.
Vor Weihnachten habe ich mit meiner dortigen besten Freundin, Christmas Cookies gebacken. Das Weihnachtsfest an sich war sehr schön. Wir haben es bei sommerlichen Temperaturen draußen am Pool verbracht und typisch kubanisches Essen gegessen und spanische Musik gehört. Um Mitternacht wurden dann die Geschenke geöffnet. Trotzdem hat Weihnachten bei mir zu ein wenig Heimweh geführt, da es immer ein Fest ist, bei dem die ganze Familie zusammen sitzt, was ich trotz der tollen Zeit mit meiner US-Familie sehr vermisst habe.
Schnell kam dann auch Silvester, welches ich mit meiner Gastfamilie auf deren Boot verbracht habe. Von dort aus konnten wir auf Miamis Skyline gucken und mehrere Feuerwerke gleichzeitig sehen. Wir haben Musik gehört und die ganze Nacht lang getanzt. Als Familientradition waren alle in weiß angezogen und um Mitternacht wurden 12 Weintrauben gegessen. Für jede Weintraube sollte man sich etwas wünschen für die 12 Monate im neuen Jahr.
In den Weihnachtsferien war ich dann noch auf den Florida Keys, wo wir eine Glasbottomboat-Tour gemacht haben und uns ein schönes Riff angeschaut haben. Natürlich durfte auch das Foto mit dem Southernmost Point in Key West nicht fehlen. Nur den berühmten Sonnenuntergang durften wir leider nicht miterleben, da das Wetter nicht mitgespielt hat, aber vielleicht kann man das ja noch nachholen...
Ende Januar hieß es dann bereits Abschied nehmen. Ich habe mich nicht nur von meinen Freunden verabschiedet, sondern auch von den Lehrern, die mir sehr ans Herz gewachsen sind und mich in den Momenten, in denen ich in der Schule Hilfe benötigte, toll unterstützt haben.
Und plötzlich, viel zu schnell, stand ich am Flughafen und habe mich tränenüberströmt von meiner Gastfamilie verabschiedet und mein 2. Zuhause verlassen.
Alles in allem war es eine sehr schöne Zeit, in der ich viele tolle Menschen kennengelernt habe, die diese Erfahrung zu dem gemacht haben, was sie ist. Natürlich habe ich nicht in einer typisch amerikanischen Familie gelebt, aber trotzdem genug davon mitbekommen durch Freunde in der Schule. Somit hatte ich das Glück, dass ich nicht nur eine, sondern gleich drei Kulturen während meines High School-Aufenthaltes kennengelernt habe - und ich würde nichts daran ändern wollen. Alle Erfahrungen, egal ob gut oder schlecht, haben mich zu dem Menschen gemacht, der ich jetzt bin und meine Gastfamilie ist wie eine echte Familie für mich geworden. Ich habe schon jetzt Flugtickets, um diese erneut zu besuchen und dann auch endlich meinen Eltern vorzustellen.